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  • Queere Beschäftigte werden am Arbeitsplatz immer noch diskriminiert.
  • Unternehmen und Verwaltungen können aktiv zu einer inklusiven Unternehmenskultur beitragen.
  • Besonders bewährt haben sich LGBTQIA+ Netzwerke oder betriebliche Interessengruppen, um die Belange von queeren Beschäftigten in der Arbeitswelt zu stärken.

Darf ich Kolleg*innen von meinem Privatleben erzählen? Soll ich Familienfotos zeigen? Kann ich ein Coming-out am Arbeitsplatz wagen, ohne negative Reaktionen fürchten zu müssen? Diese Fragen treiben viele Beschäftigte um, die zum Beispiel lesbisch, schwul, bisexuell, trans oder inter sind. Schließlich hängt von den Reaktionen der Kolleg*innen und Vorgesetzten oft nicht nur das Wohlbefinden am Arbeitsplatz ab, sondern manchmal auch die berufliche Zukunft.

Zwar hat sich die rechtliche Lage von queeren Menschen in den letzten Jahrzehnten deutlich gebessert – so verbietet zum Beispiel das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) seit 2006 Diskriminierung aufgrund der sexuellen Identität und des Geschlechts.

Trotzdem machen viele von ihnen noch immer und viel zu oft Diskriminierungserfahrungen im Berufsalltag. Eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) zeigt, dass 30 Prozent der LGBTQIA+-Beschäftigten mit Ausgrenzung im Arbeitsleben konfrontiert werden. Bei trans Beschäftigten sind es sogar mehr als 40 Prozent.

Zivilgesellschaftliche Initiativen helfen, für Diversität zu sensibilisieren

Der ständige Stress, der mit Diskriminierung einhergeht, kostet viel Kraft und Ressourcen. Viele Menschen entscheiden sich deshalb, den Arbeitsplatz oder die Branche zu wechseln. Was können Unternehmen und Institutionen tun, um die Beschäftigten zu binden und ein sicheres und offenes Umfeld zu schaffen?

Der Lesben- und Schwulenverband in Deutschland (LSVD) engagiert sich seit Jahren dafür, die Sichtbarkeit von lesbischen, schwulen und bisexuellen Lebensweisen sowie von Trans- und Intergeschlechtlichkeit zu stärken und sie als Teil gesellschaftlicher Normalität zu etablieren. Gezielte Aktionstage wie der Internationale Tag gegen Homo-, Bi-, Inter- und Transfeindlichkeit (IDAHOBIT) im Mai und die Teilnahme an Paraden wie dem Christopher Street Day (CSD) im Juni dienen dazu, die Öffentlichkeit und die Belegschaft für die Belange von LGBTQIA+-Personen zu sensibilisieren.

Strategien für Unternehmen und Institutionen

Aber es gibt auch konkrete Maßnahmen, wie Unternehmen und Verwaltungen eigenständig gegen Vorurteile, Mobbing und LGBTIAQ+-Feindlichkeit am Arbeitsplatz vorgehen können, sagt Markus Ulrich vom Lesben- und Schwulenverband (LSVD): „Erster Schritt ist, nicht einfach davon auszugehen, dass alle Mitarbeitenden heterosexuell beziehungsweise cis-geschlechtlich sind, sich also mit dem von außen zugeschriebenen Geschlecht identifizieren.“

Diese weiteren Schritte können laut dem LSVD in der Praxis umgesetzt werden:

6 Tipps des LSVB für eine queerfreundliche Unternehmenskultur

Zeichen setzen

Setzen Sie als Unternehmensleitung ein klares Zeichen für Inklusion und Vielfalt und formulieren Sie Antidiskriminierungsrichtlinien.

Gestalten
Gestalten Sie die Unternehmenskommunikation (Newsletter, Social Media, Stellenanzeigen) inklusiv und sprechen Sie unterschiedliche sexuelle Orientierungen und geschlechtliche Identitäten proaktiv an.
Sensibilisieren

Sensibilisieren Sie Führungskräfte, Mitarbeitende sowie Betriebs- und Personalrät*innen in Schulungen spezifisch für Vielfalt und die Belange von LGBTQIA+.

Entwickeln
Entwickeln Sie Strategien, die Menschen nach ihrem trans* Coming-out unterstützen (neue Arbeitskleidung, Namensschilder, E-Mail-Adressen und Visitenkarten bereits vor der rechtlichen Anerkennung der Geschlechtsidentität).
Fördern

Fördern Sie Mitarbeiter*innen-Initiativen und Netzwerke.

Etablieren
Etablieren Sie Anlaufstellen im Unternehmen, die auf Diskriminierungsfälle oder Mobbing reagieren.

Großunternehmen: Die Führungsebene miteinbeziehen

Konzerne wie etwa die Deutsche Bahn oder der Konsumgüterhersteller Beiersdorf bemühen sich, für Mitarbeitende mit Diversitätsmerkmalen attraktiver zu werden. „Unsere Vielfalt macht uns stärker“, war ein Statement der Deutsche Bahn-Konzern-Kampagne „Einziganders“. Um die Community im Alltag zu unterstützen, arbeitet die Unternehmensleitung eng mit dem internen LGBTIAQ+-Mitarbeitenden-Netzwerk „railbow“ zusammen. Ähnlich geht auch der Konsumgüterhersteller Beiersdorf vor: 2019 entstand dort das interne Netzwerk „Be You @Beiersdorf“. Zu den Gründer*innen gehörten Manager*innen oberer Führungsebenen, die offen ihre queere Identität leben. Diese Vorbildfunktion helfe dabei, die LGBTQIA+-Gemeinschaft innerhalb des Unternehmens zu etablieren, heißt es dazu aus dem Konzern. Auch bei der Deutschen Bahn werden Führungskräfte durch interne Kommunikationsmaßnahmen sensibilisiert. Beide Unternehmen organisieren zudem auch externe Seminare und Schulungen, zum Beispiel mit der Stiftung Prout@Work, um Mitarbeitende bei ihrem Coming-out am Arbeitsplatz zu unterstützen.

Bundesministerium: Vielfalt nach außen transportieren und nach innen leben

In der täglichen Arbeit des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) sind Chancengerechtigkeit und Inklusion wichtige Themen. Gegenseitiger Respekt und die Wertschätzung jedes Einzelnen sind unabdingbare Voraussetzung für eine gute Zusammenarbeit, weiß Anja Breitbart, Leiterin des Personalentwicklungsreferates im BMAS. „Unser Ziel ist es, eine vorurteilsfreie und respektvolle Umgebung zu schaffen, in der sich alle Beschäftigten wohlfühlen und so akzeptiert werden, wie sie sind.“ Die Vielfalt der Menschen im BMAS umfasst auch unterschiedliche sexuelle Orientierungen und geschlechtliche Identitäten. Engagierte Mitarbeiter*innen betreuen ein BMAS-eigenes LGBTQIA+-Netzwerk. Es dient als Anlaufstelle, wenn es um Fragen im Arbeitsalltag geht und unterstützt Verwaltung und Interessenvertretungen bei der Umsetzung von Diversity-Maßnahmen.

Kommunale Verwaltungen: Auf allen Ebenen für das Thema sensibilisieren

Auch die Verwaltungen der Kommunen wollen ein deutliches Signal gegen Homophobie und Transfeindlichkeit in den eigenen Reihen und in der Gesellschaft setzen. Die Stadt Stuttgart etablierte zum Beispiel einen interdisziplinären Arbeitskreis, der mit Vertreter*innen der städtischen Verwaltungsbereiche sowie Personen aus der örtlichen LGBTQIA+-Community besetzt ist. Dort werden queere Belange besprochen und Lösungen entwickelt. Wichtig auch hier: Die Verwaltungsspitze beziehungsweise der Gemeinderat muss in die Strategie mit einbezogen werden. Damit auch kleine Verwaltungen ins Handeln kommen, kann es zudem sinnvoll sein, sich mit anderen Kommunen zu vernetzen, um von einander zu lernen.

Kleine und mittlere Unternehmen: Konzentriert statt allumfassend

Einen notwendigen Rahmen für den offenen, angst- und diskriminierungsfreien Arbeitsplatz in kleinen und mittleren Unternehmen können Antidiskriminierungsrichtlinien schaffen. „Sie geben Sicherheit, denn Mitarbeitende können sich darauf berufen“, weiß Markus Ulrich. Und schließlich könne solch ein Leitbild auch in Stellenanzeigen, bei Bewerbungsgesprächen und in Mitarbeiterschulungen offensiv angesprochen werden.

Und welche Strategien sind geeignet? „Wichtig ist es, die Möglichkeiten und Perspektiven von KMU zu berücksichtigen“, empfiehlt Dr. Sandra Hartig, Bereichsleiterin Gesundheitswirtschaft, Beschäftigung, Organisationsentwicklung bei der DIHK und Gründerin des Mitarbeitenden-Netzwerkes #GemeinsamWirSein der IHK-Organisation. Kleine und mittlere Betriebe sollten sich in erster Linie auf ausgewählte Aspekte konzentrieren, statt das Thema Diversität in der ganzen Komplexität angehen zu wollen. Ein offenes und ermutigendes Umfeld sei das A und O, um Menschen unterschiedlichster sexueller Orientierung und geschlechtlicher Identität im Unternehmen zu unterstützen.

Entscheidend ist das Ziel

Für einen Informationsaustausch können sich Interessierte an die LGBTQIA+-Netzwerke wenden oder sich dem ver.di-Bundesarbeitskreis Regenbogen LSBTTIQ anschließen.

Wie klein die ersten Schritte auch sein mögen, entscheidend ist das Ziel: dass Beschäftigte sich an ihrem Arbeitsplatz und in ihrem Arbeitsumfeld sicher und wertgeschätzt fühlen. Vielfalt muss in der Unternehmenskultur nicht nur wachsen, sondern auch gelebt werden. „Immer mehr Menschen registrieren sehr genau, für welche Werte ein Unternehmen steht und wie glaubwürdig es sich dann auch dafür einsetzt. Aber es geht auch um gesellschaftliche Verantwortung und ein Klima, das Vielfalt als Bereicherung erkennt und wertschätzt. „Davon“, so Ulrich, „profitieren wir letztlich alle“.

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