Gesundheit 17:10 Minuten Fol­ge 2: Di­gi­ta­li­sie­rung und Ho­me­of­fi­ce in Zei­ten von Co­ro­na Startseite Mediathek Podcasts
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INQA-PODCAST: TRANSKRIPT FOLGE 2

Die INQA-Arbeitswoche. Der Überblick zur Arbeitswelt in Zeiten von Corona. Aus dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales. Präsentiert von der Initiative Neue Qualität der Arbeit.

Anja Heyde: Corona verändert unsere Arbeitswelt rasant, in rasender Geschwindigkeit wurden neue Regeln erlassen, Aktiengesellschaften können ihre Hauptversammlungen virtuell abhalten, Kurzarbeitergeld und anderes Fördergeld können im Internet beantragt werden, um nur mal zwei Beispiele zu nennen. Aber auch innerhalb der Firmen hat sich einiges verändert. Bei einer Umfrage – ganz aktuell, unter 230 Managern – haben 87 % angegeben, dass sich vor allem die internen Prozesse, insbesondere die Kommunikation, neu entwickelt haben – ging ja auch irgendwie nicht anders. Viele Unternehmen, auch diejenigen, die sich bisher darum gedrückt haben, haben sich dort, wo es möglich war, mit dem Thema Homeoffice auseinandersetzen müssen und Homeoffice ist eine Herausforderung, nicht nur für die Arbeitnehmer/innen, die sich das Laptop unter Umständen mit den Kindern teilen müssen für die Hausaufgaben, sondern auch für die Arbeitgeber/innen, die in den letzten Wochen digitale Transformationsprozesse in Höchstgeschwindigkeit durchlaufen haben. Was bedeutet Homeoffice für Arbeitgeber/innen und Arbeitnehmer/innen? Welche Auswirkungen hat Corona auf unseren Arbeitsalltag – unser Thema für den INQA-Podcast „Arbeitswelten in Zeiten von Corona“ in dieser Woche. Björn Böhning ist bei mir, Staatssekretär im Bundesministerium für Arbeit und Soziales. Wie hat sich denn die Arbeit im BMAS verändert?

Björn Böhning: Oh, ganz erheblich. Wir haben bis heute etwa ein Drittel der Kolleginnen und Kollegen im Homeoffice. Wir haben partiell 90 % der Beschäftigten teilweise mal im Homeoffice gehabt. Also hat sich auch im BMAS einiges verändert, weil das Übliche an Präsenzsitzungen, was wir doch sehr häufig hier haben und wo dann ein Stück weit auch die Verwaltungskultur herauskommt, sich verändert hat in Videokonferenz, in Telefonkonferenz, keine Dienstreisen mehr, das ist ja am Bonn/Berlin-Standort auch noch gegeben. Also wir sind zwar präsent, aber eher digital.

AH: Und Sie sind auch im Homeoffice ab und zu? Wie sind Ihre Erfahrungen?

BB: Ja, ich bin auch ab und zu im Homeoffice, weil auch ich habe einen Sohn, der betreut werden muss oder im Home-Schooling. Ich habe eine besondere Form der Selbstorganisation, die da stattfindet, und zwar sowohl im Hinblick auf – ich bin eine Führungskraft – die Kolleginnen und Kollegen, aber auch im Hinblick auf sich selbst. Und ich kann Ihnen sagen: linkes Knie Sohn HomeSchooling, rechtes Knie Laptop und arbeiten ist dann doch nicht das Leitbild – meiner jedenfalls Vorstellung – von Arbeitswelt.

AH: Ist eine neue Erfahrung, nennen wir es mal so.

BB: Es ist eine neue Erfahrung, ja, und ich finde es auch gar nicht so schlecht, diese Erfahrung zu machen. Auf der anderen Seite ist es, glaube ich, auch schon auch gut, dass es eine Betreuungsinfrastruktur gibt. AH: Hubertus Heil hat letzte Woche hier im Podcast gesagt, die Corona-Krise bringt alles Gute und alles Schlechte zutage, was in diesem Land so läuft. Das heißt, wir haben auf der einen Seite gesehen, wenn wir es mal aus dieser Brille betrachten, dass bei der Digitalisierung noch viel Luft nach oben ist. Aber andererseits sieht man auch, dass wir plötzlich gezwungen sind, zu handeln, also irgendwie geht’s dann doch. Alle sprechen von diesem Digitalisierungsschub, den wir Corona zu verdanken haben. Wo sehen Sie denn die größten Veränderungen? Also ist das spürbar? BB: Ich finde ja. Das ist spürbar. Das ist spürbar im Hinblick auf die Infrastruktur, der digitalen Infrastruktur, die ja offenbar funktioniert, weil sonst.

AH: Anders, als man erwartet hatte.

BB: Anders, als man erwartet hatte, ja, vielleicht regional auch unterschiedlich, aber durchaus da. Und so ein paar Vorboten, die wir vorher immer so diskutiert haben: anderes Führungsverhalten, kooperativere Arbeitskultur, andere Kollaborationen, auch über Grenzen hinweg, die sind sozusagen von heute auf morgen einfach dagewesen, ja? Man hat sie einfach gemacht, ohne da lange drüber nachzudenken und viele Unternehmen auch ohne dass sie Diskussionen geführt haben „Wie ist das jetzt, brauche ich nicht den Kollegen doch an Bord und macht der da zu Hause wirklich Arbeit oder liegt er nur faul auf dem Sofa rum? Diese Gedanken gibt’s gar nicht mehr, man macht es jetzt einfach und das ist eine schöne Sache.

AH: Ich habe gelesen, dass gerade so kleine und mittelständische Unternehmen sich mit diesen Veränderungen gerade bei der Digitalisierung schwer tun. Das beginnt ja schon mit der Software und endet irgendwo beim Datenschutz. Da sind offenbar noch viele Unsicherheiten. Wo helfen die sich? Oder wie können die sich helfen, wenn ich so ein Unternehmer bin?

BB: Ich glaube, in der aktuellen Phase machen die sich dann doch nicht so viele Gedanken, sondern der Hauptgedanke ist, dass das Unternehmen am Laufen bleiben kann und dass man versucht, mit dieser Situation umzugehen. Aber natürlich stellen sich da Anschlussfragen, es stellen sich auch IT-Sicherheitsfragen. Da sind die Verbände gefordert, die entsprechenden Ratschläge zu geben, und über die Initiative „Neue Qualität der Arbeit“ haben wir versucht, dann auch mit vielen Akteuren aus der Erfahrung, auch der neuen Arbeitswelt, die wir mit Arbeitgebern und Arbeitnehmern diskutieren, Ratschläge zu geben. Das hat eigentlich ganz gut funktioniert, unsere Klickzahlen sind auf jeden Fall ordentlich angestiegen.

AH: Das heißt, ich kann mir praktische Hilfe holen, auch quasi in der Initiative „Neue Qualität der Arbeit“, weil da schon ein paar sind, die das quasi jetzt schon mal durchgemacht haben?

BB: Genau? Wir haben ja so einen Beraterkreis und da diskutieren wir schon seit ganz vielen Jahren solche Fragen: Wie ist das mit Homeoffice, mit mobilem Arbeiten? Wie kann man auch mit psychisch angestrengten Situationen umgehen, die ja faktisch derzeit sind? Und da haben wir Empfehlungen schon erarbeitet in der Vergangenheit, die jetzt wirklich erst richtig zur Geltung kommen, worüber ich ganz froh bin.

AH: Sie haben es ja auch gerade angesprochen: Also eigentlich ist ja unsere Unternehmenskultur hier in Deutschland eher so eine Präsenzkultur, das war ja im Bundesarbeitsministerium offenbar nicht anders. Jetzt kommt diese Veränderung mit einer extremen Geschwindigkeit und so schnell klappt es dann eben vielleicht doch nicht beim Umdenken mit dem Chef und wenn der Mitarbeiter nicht gleich auf die Mail oder den Telefonanruf antwortet, dann gehen ja so viele Fragen im Kopf auf, was Sie eben angesprochen haben: Macht der gerade ein Nickerchen, guckt der vielleicht gerade Netflix. Bei Yahoo, um es mal umzudrehen, hat man 2013 festgestellt, dass die Remote-Worker – so heißt das ja im angelsächsischen Bereich, also Homeoffice kennen wir bei uns -, die waren kürzer am Yahoo-Server, wenn sie zu Hause waren, als diejenigen, die im Büro gearbeitet haben. Das klingt nicht so, als wäre das ein erfolgreiches Modell gewesen. Twitter wiederum hat es jetzt seinen Mitarbeitern ja freigestellt, also ganz aktuell die 4.900 Mitarbeiter können jetzt von zu Hause arbeiten, wenn Präsenz nicht dringend erforderlich ist.

BB: Ja, dadurch sparen sie sich einen Büroturm.

AH: Genau, die sparen sich den Büroturm, die Büromiete. Aber jetzt haben die im Grunde genommen schon das, was hier auch mal so durch die Medienlandschaft waberte: dieses Recht auf Homeoffice. Was würde das denn, wenn wir es mal so theoretisch durchdenken, bedeuten?

BB: Na, unsere Idee ursprünglich war – also vor der Krise -, dass wir diese Präsenzkultur, die wir in Deutschland sehr stark haben, auch im europäischen Vergleich, dass wir die versuchen aufzubrechen und dass wir den Arbeitnehmern den Rücken stärken, wenn sie mit ihrem Arbeitgeber darüber sprechen wollen, dass partiell – sicher nicht fünf Tage die Woche, aber partiell – auch Homeoffice möglich sein soll, um Pendlerverkehre zu reduzieren, um Vereinbarkeiten besser zu schaffen. Und jetzt haben wir sozusagen ohne das Gesetz schon so einen Crashtest, dass das auch schon möglich ist, und jetzt stießen wir auch wiederum für unseren Rechtsanspruchsfragen auch da Folgerungen raus, indem wir sagen „Ja, wir sollten alles versuchen, dass in Betrieben es zu Vereinbarungen über Homeoffice kommt, wie es hier im Haus zum Beispiel besteht, Andrea Nahles schon als Ministerin hat gesagt „orts- und zeitflexibles Arbeiten im BMAS muss möglich sein“ und das hilft uns jetzt auch in der Krise.

AH: Mal eine ganz praktische Frage, weil Sie gerade gesagt haben, dass so Rechtsfragen eben auch klärungsbedürftig sind: Wenn ich jetzt zu Hause mich an der Kaffeemaschine verletze, weil ich gerade dort irgendwie ein Dossier schreibe – was auch immer -, ist das dann quasi ein Arbeitsunfall?

BB: Ja, grundsätzlich gilt: Auch zu Hause kann ein Arbeitsunfall passieren. Es gibt sehr viele einzelne Abgrenzungsschwierigkeiten. Dieses Kaffeemaschinebeispiel wäre im Betrieb ein Arbeitsunfall, zu Hause wahrscheinlich nicht.

AH: Also gibt es dafür noch keine Regelungen?

BB: Dafür gibt es noch keine Regelungen. Die Frage des Unfallversicherungsschutzes zu Hause ist ein großes Thema und das ist zum Beispiel eine Lessons Learned jetzt aus der aktuellen Zeit: Wir werden, wenn wir ein Gesetz vorlegen, auch diese Frage zu lösen haben, also auch zu Hause muss ein vollständiger Unfallversicherungsschutz gegeben sein.

AH: Was muss ich denn als Unternehmer machen, damit mein Team oder meine Mitarbeiter tatsächlich ins Homeoffice gehen können? Also muss ich denen zum Beispiel die Technik stellen? Was muss ich denen bereitstellen oder was müssen die mir wiederum entgegenkommen, damit das funktionieren kann?

BB: Also ich glaube, die Technik ist die Grundvoraussetzung, dass eine gute Technik gegeben ist, ein VPN-Tunnel, damit eine sichere Datenübertragung möglich wird, ist, glaube ich, die Basis. Was allerdings wichtiger ist – und das ist jetzt gar keine Sache, die man irgendwie bezahlen muss oder anschaffen muss -, sondern es bedarf natürlich einer neuen Form der Selbstorganisation und der Arbeitskultur. Und dementsprechend ist natürlich in der Situation, wo eine Belegschaft partiell im Homeoffice ist, muss die Führungskraft ganz andere Anforderungen leisten. Sie muss auf der einen Seite Leine lassen, aber natürlich die Arbeitsaufträge auch ordentlich durchgeben. Sie muss für Teambuilding bereit sein und die auch aktiveren, wir arbeiten sozusagen im Homeoffice an einem neuen Typus von Führungskraft.

AH: Wo kriegen wir den jetzt her? Das ist ja das, was ich angesprochen habe: Man braucht auch eine Menge Vertrauen. Also da gehört auch so ein Vertrauensvorschuss irgendwie dazu. Hat nicht jeder. Ist also wahrscheinlich auch nicht jedem gegeben.

BB: Ja, wo kriegen wir den her? Wir kriegen die dadurch her, dass Unternehmen sich verändern. Und klassischerweise ist es so, dass Führungskräfte sich weiterbilden sollten - und auch für diese Situation. Also wir müssen auch daran denken, dass Weiterbildung nicht nur für Qualifikation im Digitalbereich oder für den konkreten Arbeitsinhalt da ist, sondern eben auch für Führung. Wir brauchen eine neue Führung in Deutschland.

AH: Wenn ich das umsetzen möchte, gibt dann auch eine finanzielle Unterstützung in irgendeiner Form für die Unternehmen, wenn sie also Homeoffice für ihre Mitarbeiter einrichten sollen? Ganz praktische Frage.

BB: Ganz praktische Frage. Gibt’s erst mal so nicht. Es gibt ja alle möglichen Förderprogramme, auch für Digitalisierung, die kann man auch nutzen. Und man sollte vielleicht jetzt die Krise mit der vielen Kurzarbeit nutzen, dass man nicht nur den Garten macht oder das Wohnzimmer streicht, sondern die Weiterbildung in Anspruch nimmt, zum Beispiel für neue Führungen in Unternehmen.

AH: Okay. Also ich bin ja eine von denen, die man soloselbstständig nennt, das heißt, ich arbeite auch verdammt viel von zu Hause und ich kann aus meiner eigenen Erfahrung sagen: Man neigt so ein bisschen zur Selbstausbeutung, also das ist das, was Sie auch schon angedeutet haben. Es gibt ja nicht umsonst so ganz viele Schriftsteller, die mieten sich irgendwo anders ein Büro. Wie könnte man denn künftig zum Beispiel Arbeitszeiten kontrollieren oder Arbeitszeitregelungen, wie wir sie ja haben, kontrollieren, um zu verhindern, dass Menschen rund um die Uhr arbeiten?

BB: Ja, das ist bei Selbstständigen natürlich ein besonderes Problem, weil sie keinen Arbeitgeber haben, der Arbeitszeiten misst, oder so. Bei normalen Arbeitnehmern gilt natürlich das Arbeitszeitgesetz auch zu Hause, warum auch nicht. Wir diskutieren ja gerade ganz intensiv darüber, ob es eine Arbeitszeiterfassung in Deutschland geben muss, der Europäische Gerichtshof hat uns das nahegelegt, dass wir das einführen müssen. Und dafür gibt es natürlich auch digitale Hilfsmittel: auf dem Handy, in der App oder eben, wenn man sich einloggt in den Dienstserver. Ich glaube, dass es dafür Regelungen geben muss. Und wir müssen wirklich – wir nennen das Gefährdungsbeurteilung im Arbeitsschutz, also das ein Unternehmen auch für die spezifische Arbeitssituation Guidelines, Richtlinien entwickeln muss, wo sie sagen: Okay, Homeoffice führt zu einer Entgrenzung, führt vielleicht sogar zu psychischen Belastungen, weil ich mein Kind ins Bett bringen, dann bis spät in die Nacht arbeite und morgens wieder in der Telefonkonferenz sitze. Auch dafür muss es Angebote, zum Beispiel der betrieblichen Gesundheitsförderung geben.

AH: Yuval Noah Harari, israelischer Historiker und aus meiner Sicht, ganz subjektiven, kleinen subjektiven Sicht einer der größten Denker, die wir im Moment haben, der hat neulich ein Interview gegeben, in dem hat er gesagt: Corona treibt die Digitalisierung weiter an und er sieht die Rechte von Arbeitern in Gefahr. Und dann hat er – Beispiel Homeoffice – gezeigt: Da könnte es sein, dass Gewerkschaften und Arbeitnehmerrechte untergraben werden, und sagt: Die Unternehmen machen einfach die privaten Wohnungen zu Arbeitsplätzen, ohne für die Kosten aufzukommen. Droht uns das?

BB: Das glaube ich schon, das Twitter-Beispiel zeigt das ja ganz gut, dass Unternehmen – findige Unternehmer, so nenne ich sie jetzt mal, auf die Idee kommen könnten, dass die Bürokosten, die sie haben, privatisiert werden, in den privaten Bereich verlagert werden. Das ist natürlich nicht unser Leitbild. Auf der anderen Seite wissen wir: In modernen Großraumbüros ist es heute schon so, dass nur 80 % der Arbeitsplätze da sind, 80 % der Belegschaft einen eigenen Arbeitsplatz hat. Das wird man auch nicht – warum sollte man das verhindern, wenn das Sinn macht? Mein Eindruck nur ist, dass die Krise auch da – und da würde ich dann widersprechen – heilsam ist, weil dieses Leitbild der Großraumbüros, die wir so die letzten Jahre ja sehr stark hatten als die neue Arbeitskultur, dies ist natürlich jetzt, in Pandemiezeiten, überhaupt nicht sinnvoll, weil die Belüftung nicht ordentlich funktioniert, weil die Abgrenzung, die Abstände nicht einhaltbar sind. Insofern: Vielleicht nehmen wir sogar eine Retraditionalisierung des Büros, jeder sein eigenes Büro, kann sein.

AH: Ich habe so ein bisschen das Gefühl, also im Moment müssen so ganz viele Sachen gleichzeitig gemacht werden, weil Digitalisierung und Arbeitnehmerrechte so ein bisschen parallel laufen muss. Wenn man mal so einen Blick in die Glaskugel wirft, wie wird denn Corona die Arbeitswelt nach Corona verändert haben? Was meinen Sie denn?

BB: Ich glaube, was übrig bleibt, ist die erhöhten Anforderungen an Selbstmanagement, das wird sich sehr stark verstärken, glaube ich, weil einfach dieses andere Arbeiten, was wir derzeit haben, ein höheres Maß an Organisationsfähigkeit bedarf. Zweitens: Was wir erleben werden, ist, dass die Unternehmensgrenzen sich weiter ausdifferenzieren, also das klassische Unternehmen wird sich mehr plattformisieren, sagen wir im Arbeitsdeutsch.

AH: Mehr vernetzen?

BB: Ja, mehr vernetzen, das Netzwerkunternehmen wird eher das Leitbild als sozusagen die Fabrik, die an einem Ort ist. Und drittens: Wir werden wahrscheinlich auch unsere Infrastrukturen anpassen müssen, also die Kinderbetreuungsinfrastrukturen vielleicht flexibler machen. Wir werden auch überlegen müssen, ob wir eigentlich so gut aufgestellt sind mit den Verkehrswegen, wie wir sie haben und ob man das nicht anders machen kann. Also da hängt vieles an diesem Arbeitstypus, den wir da bisher haben.

AH: Am Ende von unserm INQA-Podcast wollen wir immer so einen Blick in die kommende Woche des Bundesarbeitsministeriums werfen. Was steht denn in den nächsten Tagen auf der Agenda? Es könnte nämlich dann passieren, dass wir das in der kommenden Woche hier im Podcast mal erörtern müssen.

BB: Also auf der Agenda steht gerade aktuell das Thema Fleischwirtschaft. Wir haben ja schlimmste Bedingungen, Arbeitsbedingungen in der Fleischwirtschaft, das ist jetzt sozusagen das Negative, worüber wir jetzt gar nicht gesprochen haben. Also wir wollen uns kümmern um die Saisonarbeitskräfte und diejenigen, die aus Europa hierherkommen, um unser Essen zu produzieren und da gute Arbeit durchzusetzen. Zweitens – das hat auch was mit Arbeitsschutz zu tun – gucken wir uns jetzt in einzelnen Branchen – also ich persönlich gucke mir in einzelnen Branchen an, wo Arbeitsschutzstandards umgesetzt werden, zum Beispiel beim Studio Babelsberg, bei der UFA schaue ich mir an, wie das so im Film gemacht wird mit dem Küssen usw.

AH: Mit Mundschutz.

BB: Küssen, ja, oder es werden andere Filme produziert, keine Ahnung, mal gucken. Wir gucken uns gemeinsam mit der DFL die Umsetzung ihres Arbeitsschutzkonzeptes an, also wir.

AH: Ja, ich glaube, da ist auch noch Luft nach oben.

BB: Da ist ganz bestimmt überall Luft nach oben. Und wir lernen ja auch im Vorwärtsgehen. Aber trotzdem: Ich will ja auch nicht nur die Standards schreiben, sondern ich möchte mir auch gerne vor Ort angucken, wie die Unternehmen das wirklich hinkriegen.

AH: Thema Kurzarbeit, ist das noch was, was beschäftigen könnte?

BB: Ja, Kurzarbeit. Das heißt natürlich, dass wir da in den nächsten Tagen auch mit den Ergebnissen des Koalitionsausschusses wahrscheinlich umgehen müssen und noch mal schwerwiegender ein Augenmerk darauf legen werden, was auch heißt, dass wir mehr Geld brauchen.

AH: Okay. Also nächsten Freitag 12 Uhr wieder an dieser Stelle: der INQA-Podcast „Arbeitswelten in Zeiten von Corona“, dann mit der Staatssekretärin im BMAS, Leonie Gebers. Sie ist ausgewiesene Expertin für Arbeitsmarktfragen. Und deshalb habe ich noch mal nach der Kurzarbeit gefragt: weil möglicherweise gucken wir uns tatsächlich mal an, wie Corona sich auf den Arbeitsmarkt auswirkt, welche Folgen das hat.

BB: Ja, das sollte man. Also gerade die Frage Kurzarbeit und wie lange eigentlich Kurzarbeit, die kann ja auf null gehen, auf 50 % und was macht man eigentlich mit dem Rest der Zeit? Das ist, denke ich, eine wichtige Frage. Weil: Wir wollen ja besser aus der Krise rauskommen, als wir reingegangen sind.

AH: Ich sehe schon, wir beide könnten das jetzt auch noch erörtern. Aber wir schieben das jetzt, damit es nicht zu lang wird, auf die nächste.

BB: Machen Sie …

AH: So sieht es aus. Vielen Dank, Björn Böhning.

BB: Danke auch!

Wie beschleunigt sich durch die Corona-Pandemie die Digitalisierung? Vor welchen Herausforderungen stehen Beschäftigte aber auch die Unternehmen durch die Einführung von Homeoffice? Wie verändert sich die Arbeits- und Führungskultur zur Zeit? Diese und weitere Themen besprechen wir in der zweiten Folge des INQA-Podcasts mit Staatssekretär Björn Böhning im Bundesministerium für Arbeit und Soziales.

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