Menschen mit Behinderungen haben es oft schwer, eine Stelle auf dem ersten Arbeitsmarkt zu finden. Die Berliner Firma Forever Clean bietet vielen eine Perspektive. Für Aynur Boldaz-Özdemir, Inhaberin von Forever Clean, sind Inklusion und Vielfalt selbstverständlich: „Es ist normal, dass nicht alle Menschen gleich sind. Wir sind eben bunt.“ Eine Botschaft, die sie ihren Mitarbeiter*innen von Anfang an vermittelt: Menschen mit und ohne Migrationshintergrund, mit und ohne Behinderungen und unterschiedlichen Alters. Das Unternehmen ist ein überzeugter Inklusionsbetrieb. Menschen mit Behinderungen haben es schwer, eine Stelle auf dem ersten Arbeitsmarkt zu finden. Ein Drittel der rund 400 Mitarbeiter*innen sind geistig, seelisch oder körperlich beeinträchtigt, sprechen überhaupt kein Deutsch oder Türkisch oder haben einen Fluchthintergrund. Sie haben Arbeitsverträge, sind sozialversichert und werden nach Tarif bezahlt. „Die Beschäftigten werden entsprechend eingearbeitet, in der Regel funktioniert das sehr gut”, sagt Aynur Boldaz-Özdemir. Ihr Team ist hoch motiviert, Fluktuation im Betrieb gibt es kaum.
Aus der Nische zum Vorbild
Die gebürtige Türkin kam mit 18 Jahren nach Deutschland. Sie arbeitete ein Jahr als Reinigungskraft, bevor sie 2000 Forever Clean gründete. Anfänglich verschwieg Boldaz-Özdemir, dass sie Menschen mit Behinderungen beschäftigt – aus Angst, die Aufträge könnten ausbleiben. Erst 2003 erfuhr sie von staatlichen Hilfen und Beratungsangeboten, um Arbeitsplätze für beeinträchtigte Beschäftigte adäquat einzurichten. Seitdem hat sich ihr Betrieb enorm professionalisiert. Inzwischen ist Inklusion ihr Alleinstellungsmerkmal.
Heute arbeiten je zur Hälfte Frauen und Männer an den Standorten in Berlin und in der Türkei. Sie sind in der Verwaltung, im Reinigungsdienst und im Hausmeisterservice tätig. Manche können eigenständig arbeiten; Objektleiter*innen kommen regelmäßig am Arbeitsplatz vorbei, um sich von der Arbeitsqualität zu überzeugen. Andere arbeiten zu zweit – sie brauchen die Unterstützung von Kolleg*innen ohne Beeinträchtigungen, um ihrer Dienstleistung in Banken, Hotels, Lebensmittelläden und Restaurants nachzugehen. Vorausschauender Team-Mix und gelebte Vielfalt im Unternehmen sorgen für eine beispielhafte inklusive Unternehmenskultur bei Forever Clean.
Sechs Voraussetzungen, um Inklusion im Unternehmen voranzubringen
Bei Forever Clean arbeiten Menschen mit ganz unterschiedlichen Behinderungen. Darunter sind Beschäftigte mit körperlichen Beeinträchtigungen wie halbseitigen Lähmungen. Andere haben geistige Beeinträchtigungen. Diese sechs Prinzipien einer inklusiven Unternehmenskultur bewähren sich in dem Berliner Betrieb:
Menschen mit Behinderungen können viele Tätigkeiten in Betrieben ausüben – wenn man sie lässt und ihnen Zeit gibt. Vorgesetzte sollten keine Berührungsängste oder Hemmungen haben. Wichtig ist außerdem eine empathische Grundhaltung, um Menschen mit Behinderungen anzuleiten und zu motivieren.
Manche Dinge funktionieren nicht auf Anhieb oder langsamer. Toleranz, Geduld und Humor sind wichtige Qualitäten von Chef*innen. Hilfreich in der Zusammenarbeit ist es deshalb, Verständnis für die Situation der Beschäftigten aufzubringen.
Heute hier, morgen da funktioniert nicht: Menschen mit einer Behinderung brauchen Kontinuität, um sich sicher zu fühlen und ihre Stärken einzubringen. Dazu gehören ein fester Arbeitsplatz, geregelte Abläufe und klare Aufgaben. Manchmal muss man mehrmals testen, welche Stelle wirklich passt. Aber es lohnt sich!
Sie wollen Missverständnissen vorbeugen? Seien Sie offen und transparent von Anfang an, wenn beeinträchtigte Mitarbeiter*innen direkten Kontakt mit Kund*innen haben.
Haben Sie die Betreuer*innen im Blick! Sie unterstützen Menschen mit Behinderungen ab dem 18. Lebensjahr und sind bei Arbeitsverträgen oder Urlaubsanträgen wichtige Ansprechpartner*innen für Sie.
Je nach Betriebsgröße lohnt es sich für einen Inklusionsbetrieb, einen Betriebspsychologen oder eine Betriebspsychologin zu beschäftigen. Sie kümmern sich um die Belange der Beschäftigten, helfen auch bei privaten Sorgen und können die Kommunikation mit den Betreuer*innen übernehmen.