„Die Wechseljahre werden oft noch als Nischenthema angesehen. Der Arbeitsplatz ist historisch männlich geprägt“, erklärt Nina Straßner, Fachanwältin für Arbeitsrecht, INQA-Botschafterin und Aufsichtsrätin der SAP. Chancengleichheit ist für die Juristin ein zentrales Thema. „Daher ist es natürlich, dass es im Bereich Frauengesundheit am Arbeitsplatz noch viele Lücken gibt.“ Die es allerdings aufzuholen gilt, denn aus betriebswirtschaftlicher Sicht sei es irrational, Fachkräfte mit 20, 30 Jahren Erfahrung zu vernachlässigen. MenoSupport, die erste deutschlandweite Studie zu dem Thema belegt: Jede fünfte Frau ab dem 55. Lebensjahr steigt aufgrund von Wechseljahresbeschwerden vorzeitig aus dem Berufsleben aus.
Damit wird die volkswirtschaftliche Relevanz des Themas deutlich und auch, dass es im Gesundheitsmanagement sowie bei der Arbeitsplatzgestaltung Handlungsbedarf gibt. Unternehmen könnten auf eine lebensphasenorientierte Personalarbeit setzen, die den Menschen mit seinen verschiedenen Bedürfnissen in den Mittelpunkt stellt. Dazu gehören auch Aspekte der Frauengesundheit. Nina Straßner vergleicht das gern mit dem Thema Rückengesundheit. Da könne man den Arbeitsplatz auch entsprechend anpassen. „Ich bin mir sicher, dass ein großer Teil der Frauen gern weiterarbeiten würde, wenn sie besser bei dem Thema betreut würden.
Die Beratungslücke als Chance sehen
Die Symptome sind individuell verschieden: Schlaflosigkeit, Erschöpfung, höheres Stressempfinden und Hitzewallungen. Auch das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen steigt, Betroffene können vorübergehend unter „Brainfog” leiden, was zu Konzentrationsschwierigkeiten führen kann. Die durchschnittliche Zeitspanne, in der diese Symptome auftreten können, liegt bei sieben bis elf Jahren.
Dass Frauen im medizinischen Bereich noch zu wenig Unterstützung und Aufklärungsangebote erhalten, sieht Anke Sinnigen, Autorin und Gründerin des Wissensportals Wexxeljahre, gleichzeitig als Chance für Arbeitgebende: „Wenn Sie die Basisaufklärung aktiv leisten, was sind beispielsweise die Symptome, was kann ich dagegen tun, welche Lösungen gibt es am Arbeitsplatz, sind Ihre Mitarbeiterinnen sehr dankbar.“ Auch Verständnis zu zeigen, sei wichtig. Anke Sinnigen möchte Frauen ab 40 aufklären und ermutigen, ihre Gesundheit in der Lebensmitte selbst in die Hand zu nehmen und sie auf ein gesundes Älterwerden vorbereiten. Darüber hat sie auch einen Ratgeber geschrieben.
Dass Mitarbeitende ein großes Informationsbedürfnis bei dem Thema haben, kann INQA-Botschafterin Nina Straßner bestätigen. Bei SAP hat sie das Thema Wechseljahre auf die Agenda gerückt und zusammen mit der obersten Betriebsärztin eine digitale Veranstaltung dazu angeboten. Die Reaktionen waren überwältigend, es haben sich 1.000 Personen dazugeschaltet. Darunter auch viele männliche Führungskräfte.
So können Sie Ihre Mitarbeitenden konkret unterstützen
Schaffen Sie als erstes ein Bewusstsein im Unternehmen für das Thema. Holen Sie die Wechseljahre aktiv aus der „Tabuecke“ und denken Sie sie am Arbeitsplatz mit.
Zeigen Sie sich als Führungskraft offen für die Bedürfnisse der verschiedenen Altersgruppen. Etablieren Sie eine wertschätzende Gesprächskultur. Dann reden Mitarbeitende offener über eventuelle Probleme beim Erfüllen Ihrer Aufgaben und Sie können gemeinsam eine Lösung finden.
Bieten Sie Beratungsangebote an. Das können z. B. Gesprächsformate sein, in denen (Betriebs-)Ärzt*innen aufklären und Fragen beantworten. Holen Sie ggf. externe Coaches dazu, hinterlegen Sie wichtige Informationen im Intranet.
Passen Sie den Arbeitsplatz an und beziehen Sie Betroffene ein. Was wünschen sie sich für ihren Arbeitsplatz, kann er z. B. am Fenster sein oder soll es einen Ruheraum geben? Ermöglichen Sie nach Möglichkeit flexible Arbeitszeitmodelle, welche sich den Bedürfnissen Ihrer Belegschaft anpassen.
Integrieren Sie die Bedürfnisse Ihrer Mitarbeitenden in Ihr betriebliches Gesundheitsmanagement. Bieten Sie zum Beispiel Sportkurse an – diese können auch online stattfinden. Eine Ernährungsberatung ist ebenfalls sinnvoll. Davon profitieren alle Beschäftigten.
Unterstützen Sie den Aufbau eines internen Netzwerks, in dem sich Mitarbeitende austauschen und beraten können. Ggf. können Sie auch Mitarbeiter*innen aus dem Personalbereich als feste Ansprechpartner*innen für das Thema einsetzen.
Fangen Sie jetzt an, das Thema aktiv im Unternehmen anzugehen. So können Sie erfahrene Mitarbeiterinnen in Ihrem Betrieb halten und machen Ihren Betrieb auch für neue Fachkräfte attraktiv.