Wenn ein Unternehmen eine Fachkraft aus dem Ausland einstellen möchte, sind Welcome Center die optimalen Ansprechpartner*innen für die ersten Schritte. Der Einstellungsprozess beginnt bereits, wenn die zukünftigen Mitarbeiter*innen noch im Heimatland sind. Arbeitgeber sollten sich also rechtzeitig bei den Welcome Centern darüber informieren, was zu beachten ist. Über allem steht dabei die Frage, was Arbeitgeber und Fachkraft von der Zusammenarbeit erwarten. „Größtmögliche Transparenz ist ein Muss. Es sollte von vornherein klar sein, welche Erwartungen beide Seiten aneinander haben und was davon erfüllbar ist“, sagt Simuna Karadzic-Nahler vom Welcome Center Braunschweig-Wolfsburg. Die Projektleiterin betreut gemeinsam mit ihrer Kollegin Houda Araar-Makhlouf seit 2018 internationale Fachkräfte sowie die Unternehmen, die sie einstellen möchten.„Welche Qualifikation sollen die Beschäftigten mitbringen? Und wo möchten sie überhaupt arbeiten, auf dem Land oder in der Stadt? Wie lange dauert es, bis ein Visum vorliegt? – Mit einem Erwartungsmanagement lassen sich Enttäuschungen vermeiden“, so die Projektleiterin. Die Unternehmen sollten außerdem genügend Zeit einplanen. Denn in manchen Berufen, wie im Gesundheits- und Pflegebereich, sind eine Kenntnisprüfung oder ein Anpassungslehrgang nötig. Die Anerkennung des Berufs kann hier schon mal mehrere Monate dauern. Über die Bestimmungen in den jeweiligen Branchen sollten sich beide Seiten im Vorfeld informieren. Die Welcome Center sind hierfür ebenso kompetente Ansprechpartner*innen wie die Seite Make it in Germany, das Informationsportal der Bundesregierung für Fachkräfte aus dem Ausland.
Recruiting und Aufenthaltstitel
Manche Anlaufstellen unterstützen bereits beim Recruiting. Das Welcome Center in Braunschweig-Wolfsburg bietet beispielsweise Jobspeeddating zwischen Fachkräften aus Tunesien sowie Brasilien und deutschen Unternehmen an; das Welcome Center Sachsen-Anhalt veranstaltet bei Bedarf Workshops mit Unternehmensvertrer*innen zum Thema Gewinnung von Fachkräften aus dem Ausland und unterstützt bei der Ausgestaltung von Stellenausschreibungen. „Die Ausschreibung muss einladend sein. Sie sollte nicht nur sagen, ich stelle eine bestimmte Anforderung, sondern auch signalisieren, dass ich mich um die Person und Familie kümmere, wenn sie nach Deutschland kommt“, sagt Kerstin Mogdans, eine der Koordinatorinnen des Welcome Center Sachsen-Anhalt. Andere Welcome Center werden ab dem Moment aktiv, in dem ein Arbeitsvertrag vorliegt. In einem Erstgespräch klären die Mitarbeiter*innen ab, was alles benötigt wird: ob das Visum schon beantragt wurde, welcher Aufenthaltstitel in Frage kommt, ob Familiennachzug geplant ist usw. „Im Idealfall wird im Heimatland der Antrag auf Anerkennung des Berufes gestellt, denn so kann eine Anerkennungsqualifizierung gemeinsam mit dem Arbeitgeber geplant werden und umso schneller können die gewonnenen Arbeitskräfte aus dem Ausland in Deutschland als Fachkraft starten“, sagt Antje Gade vom Pflegequalifizierungszentrum Hessen. Die Anerkennung des Berufs ist für Arbeitnehmer*innen aus Drittstaaten notwendig, für Beschäftigte aus dem europäischen Ausland und dem erweiterten Wirtschaftsraum in der Regel nicht.
Die Willkommenskultur beginnt am Flughafen
Eine gelebte Willkommenskultur ist entscheidend dafür, ob sich jemand gut im Betrieb integrieren kann. „Wenn die neu gewonnenen Mitarbeiter*innen zum Beispiel von ihrem Arbeitgeber vom Flughafen abgeholt werden, wird direkt eine persönliche Bindung zwischen beiden hergestellt“, so Antje Gade. Damit das ganze Team die neuen Kolleg*innen willkommen heißen kann, sollten alle rechtzeitig in den Prozess miteinbezogen werden. Damit dies im eigenen Betrieb gelingt, können Unternehmen mit dem INQA-Check „Vielfaltsbewusster Betrieb“ den eigenen Umgang mit Vielfalt überprüfen und Potenziale und Chancen erkennen. Welcome Center oder auch Qualifizierungszentren wie das PQZ Hessen bieten bei Bedarf interkulturelle Schulungen sowohl für internationale Fachkräfte als auch für die hiesigen Belegschaften an. So kann Sensibilität für kulturelle Unterschiede geschaffen und Missverständnissen vorgebeugt werden. „Direkt in die Augen schauen, gilt in manchen Kulturen als unhöflich oder respektlos. Wenn einen aber die Beschäftigte in einem Personalgespräch nicht richtig ansieht, kann das in unserem Kulturkreis für Irritationen sorgen, wenn man das nicht weiß“, sagt Karadzic-Nahler.
In folgenden Phasen können Welcome Center bei der Integration von ausländischen Fachkräften unterstützen:
- Recruiting
- Onboarding
- Interkulturelle Schulungen
- Erwartungsmanagement
Die nächsten Schritte
Je nach Unterstützungsbedarf des jeweiligen Unternehmens begleiten Mitarbeiter*innen der Welcome Center die Neuankömmlinge zum Einwohnermeldeamt und helfen ihnen, eine Steuer-ID zu beantragen und einen Sprachkurs oder eine Wohnung zu finden. Letzteres stellt oft eine besondere Herausforderung dar. Hier empfiehlt Simuna Karadzic-Nahler, dass die Unternehmen in den ersten Monaten für Wohnraum sorgen, indem sie selbst eine möblierte Unterkunft anmieten. Auf dem Land spielen die Welcome Center hierbei eine besonders wichtige Rolle. „Da müssen wir manchmal Kontakt zur Gemeinde herstellen und fragen auch mal den Bürgermeister oder die Bürgermeisterin direkt an, ob ein Wohnungsangebot in der Nähe der Arbeit oder Kita zur Verfügung gestellt werden kann“, berichtet Kerstin Mogdans vom Welcome Center Sachsen-Anhalt. „Das moderieren wir dann und helfen mit.“
Gelungenes Onboarding
Den Onboardingprozess können Unternehmen gemeinsam mit den Beratungsstellen planen. „Unerlässlich ist dabei, in den ersten Wochen eine Patin oder einen Paten für die neuen Teammitglieder zu benennen. Dies können Praxisanleiter*innen sein, die sich oft auch um die berufliche Anerkennungsmaßnahme kümmern, aber im Idealfall auch weitere Bezugspersonen, die für allgemeine Fragen und Weiteres ansprechbar sind. So wird das Onboarden auf mehrere Schultern verteilt“, so Antje Gade. Außerdem sollten Unternehmen genügend Zeit für die Einarbeitung einplanen und sich bewusst sein, dass ihnen nicht gleich eine volle Fachkraft zur Verfügung steht – erst recht, wenn das Berufsanerkennungsverfahren noch läuft. Offenheit ist ebenfalls wichtig, auch bei Fragen, die nicht direkt mit der Arbeit zu tun haben. Dies gilt zum Beispiel, wenn es darum geht, wo man einkaufen kann oder wo sich das nächste Gotteshaus mit der passenden Religion befindet.
Auch nach dem ersten Arbeitstag sind die Welcome Center da
Die Projektleitenden begleiten den Einarbeitungsprozess bis zu sechs Monate nach Arbeitsbeginn – sie sind sowohl für die Unternehmen als auch für die Beschäftigten da. Sie haken proaktiv bei der Fachkraft nach, ob sie gut angekommen ist. Falls sich Probleme im Arbeitsalltag ergeben haben oder sich die neuen Mitarbeitenden unwohl fühlen, analysieren sie, woran es liegt und was beide Seiten verbessern können. Die Welcome Services der Bundesländer stehen insbesondere für kleine und mittelständische Unternehmen zur Verfügung. Sie unterstützen KMU beim Einstellen sowie Onboarden von internationalen Fachkräften und helfen ihnen, eine Willkommenskultur im Betrieb zu entwickeln. Denn wer als Arbeitgeber in ein erfolgreiches Onboarding investiert, kann wertvolle Fachkräfte besser integrieren und sie somit langfristig ans Unternehmen binden.