Der Einsatz neuer Technologien bedeutet immer auch Anpassungsbedarfe: Unternehmen müssen die für sie geeigneten Lösungen finden, wie Mitarbeiter*innen mitgenommen werden. Das gilt auch bei der Digitalisierung in der Pflege – eine der großen Zukunftsaufgaben im Gesundheitsbereich. Wie kann die Digitalisierung hier gelingen und die Arbeit erleichtern? Und worauf müssen gerade kleine und mittlere Unternehmen dabei achten? Mit diesen Fragen haben sich in den vergangenen Jahren gleich vier INQA-Experimentierräume beschäftigt – mit jeweils ganz eigenem Fokus:
- PFL-EX erprobte den Einsatz verschiedenster digitaler Technologien in der Altenpflege;
- EXPERTISE 4.0 testete die Nutzung von Exoskeletten in der Pflege;
- Sprint-Doku beschäftigte sich mit der digitalen Pflegedokumentation auf Basis von Spracherkennung und neuronalen Netzen;
- DigiKIK nahm die Kompetenzanforderungen an die Beschäftigten bei der Digitalisierung von Krankenhäusern in den Blick.
So kann die Digitalisierung der Pflege gelingen: 8 wichtige Learnings aus den Förderprojekten
In den vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales geförderten Experimentierräumen entwickeln und testen Betriebe, Beschäftigte und Sozialpartner gemeinsam innovative Arbeitsmodelle. Von dem so gesammelten Wissen sollen auch andere Betriebe profitieren. Zum Projektabschluss am 18.11.2021 haben die Projekte die Erkenntnisse ihrer dreijährigen Arbeit daher im Rahmen des „Symposiums Pflege Digital“ vorgestellt. Die folgenden Learnings aus den Projekten zeigen, worauf Unternehmen achten sollten, wenn sie den Einsatz neuer digitaler Lösungen erfolgreich bewältigen wollen:
Ob der Einsatz von Exoskeletten zum rückenschonenden Heben (EXPERTISE 4.0) oder die Umstellung von der Papier- auf die digitale Pflegedokumentation (Sprint-Doku): Beschäftigte sind neuen Technologien gegenüber durchaus aufgeschlossen und berichten von spürbaren Entlastungen im Arbeitsalltag.
Erfolgreiche Digitalisierungsprojekte nehmen sich zu Beginn ausreichend Zeit für Analyse und Planung (PFL-EX): In einem systematischen Prozess, also nicht spontan (z. B. nach einem Messebesuch), wird dabei ermittelt, wo es Verbesserungsbedarfe und Einsatzmöglichkeiten im Betrieb gibt. Zudem wird geprüft, welche Anforderungen die neue Technologie erfüllen muss (z. B. ob sie kompatibel mit den vorhandenen Systemen ist).
Gerade in kleineren Unternehmen mit begrenzten Ressourcen gilt: Der Einsatz neuer Technologien ist vor allem dann erfolgreich, wenn er gezielt und bedarfsgerecht erfolgt – das heißt, nicht nach dem Gießkannenprinzip, sondern genau dort, wo er die größte Entlastung bringt (PFL-EX).
Eigentlich eine Selbstverständlichkeit: Je einfacher ein System zu handhaben ist, desto höher die Akzeptanz – und damit auch die Nutzung – auf Seiten der Beschäftigten (EXPERTISE 4.0). Auch Fehleranfälligkeit ist ein wichtiger Aspekt: Technik stresst vor allem dann, wenn sie nicht funktioniert (DigiKIK).
Wenn Unternehmen auf neue technologische Lösungen setzen, müssen sie nicht sofort den gesamten Betrieb umkrempeln. Stattdessen kann es sinnvoll sein, Neues zunächst in einem abgegrenzten Arbeitsbereich zu erproben und anzupassen, z. B. einer Testumgebung, und erst danach im gesamten Betrieb auszurollen (EXPERTISE 4.0).
Ohne die Mitarbeiter*innen ist die beste Technologie nichts. Die Nutzer*innen müssen daher kontinuierlich in den Digitalisierungsprozess eingebunden werden (Sprint-Doku). Es sind vor allem eine offene Unternehmenskultur und die Möglichkeit zur Mitgestaltung aller von der Technologien betroffenenen Akteur*innen (Nutzer*innen, IT-Abteilung, Mitarbeitervertretung), die die Umsetzung erfolgreich machen (DigiKIK).
Neue Technologien erfordern häufig auch neue Kompetenzen. Deshalb braucht es gezielte Schulungen für die Nutzer*innen sowie die anschließende intensive Begleitung bei der Anwendung der Technologie im Arbeitsalltag (Sprint-Doku).
So vielfältig und praktisch neue Technologien sein können: Es lassen sich nicht alle Tätigkeiten zufriedenstellend unterstützen (EXPERTISE 4.0). Vielleicht ist die Technologie noch nicht ausgereift genug? Oder die Beschäftigten akzeptieren die Lösung in dieser Form in ihrem Arbeitsalltag nicht? Auch das kann eine Erkenntnis sein.
Künftig im Fokus: Der Einsatz Künstlicher Intelligenz in der Pflege
Die genannten Förderprojekte sind nun zu einem Abschluss gekommen. Die Entwicklung neuer digitaler Lösungen bleibt jedoch nicht stehen, vor allem mit dem zunehmenden Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI). Aus diesem Grund unterstützt das Bundesministerium für Arbeit und Soziales in einer neuen Förderrunde insgesamt elf INQA-Experimentierräume KI. Mit dabei ist das Projekt DiCo („Digital Companion“). In dem Folgeprojekt von PFL-EX soll ein KI-gesteuertes Assistenzsystem für Pflegeeinrichtungen entstehen. Das Projekt begleitet Einrichtungen durch den gesamten Prozess der digitalen Transformation und unterstützt sie Schritt für Schritt von der partizipativen Bedarfsermittlung über die passende Technologieauswahl bis zur Einführung und Bewertung. Spannende Erkenntnisse für die betriebliche Praxis sind garantiert.