Der zunehmende Fachkräftemangel wird für Arbeitgeber*innen in kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) immer mehr zum Problem. Die Fachkräftesicherung, also die Bindung von qualifizierten Arbeitskräften, ist für sie daher von zentraler Bedeutung. Ende 2022 hat der Fachkräftemangel mit knapp 1,3 Millionen unbesetzten Stellen laut dem Kompetenzzentrum Fachkräftesicherung seinen bisherigen Höhepunkt erreicht. Durch die fehlenden Arbeitskräfte auf dem Arbeitsmarkt ist aus dem „Arbeitgebermarkt“ ein „Arbeitnehmermarkt“ geworden, auf dem sich Unternehmen in Konkurrenz um Mitarbeiter*innen befinden. Daher gilt es, das eigene Unternehmen attraktiv auf dem Arbeitsmarkt zu positionieren. Aber wie findet und hält man qualifiziertes Personal? Welche Maßnahmen verfolgen die Unternehmen? Und warum wechseln Beschäftigte ihren Arbeitsplatz?
Hauptgründe für den Fachkräftemangel: Demografischer Wandel, Dekarbonisierung, Digitalisierung
Sowohl große als auch kleine und mittlere Unternehmen haben seit einigen Jahren Schwierigkeiten, geeignete Mitarbeiter*innen auf dem Arbeitsmarkt zu finden. Damit sich dies in Zukunft ändert, müssen Politik und Unternehmen jetzt handeln. Laut Fachkräftemonitoring des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) sind vor allem der demografische Wandel, die Digitalisierung und die Dekarbonisierung für die Entwicklung des Fachkräftemangels verantwortlich. Die geburtenstarken Jahrgänge erreichen zunehmend das Rentenalter. Dadurch wird es für Unternehmen immer schwieriger, offene Stellen mit ausreichend Nachwuchs zu besetzen; und in bestimmten Branchen werden durch steigende Nachfrage in Zukunft noch mehr Fachkräfte benötigt als bisher.
Strukturschwache Regionen und bestimmte Branchen besonders betroffen
Ein bekanntes Beispiel ist die Pflegebranche, die unter einem gravierenden Arbeitskräftemangel leidet. Strukturschwache Regionen mit einem Überschuss an älteren Menschen sind von diesen Herausforderungen am stärksten betroffen. Die Digitalisierung und die damit einhergehende Automatisierung bestimmter Tätigkeiten führt einerseits zu einem leichten Rückgang von verfügbaren Arbeitsplätzen, andererseits steigt die Nachfrage nach Fachkräften mit guten IT-Kenntnissen rasant an. Durch den fortschreitenden globalen Klimawandel sind viele Branchen von tiefgreifenden Umwälzungen betroffen. Vor allem Betriebe der Energie- und Gebäudetechnik – aber auch Bauunternehmen – müssen sich klimafreundlich ausrichten. Dafür wird neues und speziell ausgebildetes Personal benötigt. Die gute Nachricht: Unternehmen können selbst viel tun, um Mitarbeiter*innen zu halten und neue zu gewinnen.
Diese Strategien verfolgen die Betriebe
Für die Personalsuche sind inzwischen vor allem soziale Medien wie LinkedIn oder die eigene Unternehmenswebsite als Rekrutierungsinstrumente von besonderer Bedeutung. Diese werden in erster Linie zur Verbreitung von Stellenanzeigen, aber auch für Unternehmensdarstellungen oder die gezielte Suche nach Bewerber*innen genutzt. Dabei ist es für die Betriebe vor allem wichtig zu wissen, welche Zielgruppe angesprochen werden soll und die Stellenanzeige speziell auf diese Gruppe und die gesuchten Kompetenzen zuzuschneiden.
Ein großer Vorteil ist, dass Stellenausschreibungen in sozialen Medien nicht nur für Menschen in Deutschland sichtbar sind. Denn für Unternehmen wird es immer attraktiver, auch Fachkräfte aus dem Ausland anzuwerben.
Mit ausländischen Fachkräften gegen den Mangel
Dies war bislang – wenn es sich nicht um EU-Bürger*innen handelte – nicht so leicht möglich. Nun hat die Bundesregierung das Thema in den Fokus genommen: Durch Gesetzesänderungen soll es künftig für Fachkräfte einfacher werden, nach Deutschland zu kommen und hier eine Arbeit aufzunehmen. Neben der Zuwanderung stehen eine zeitgemäße Aus- und Weiterbildung, die Ausschöpfung des vorhandenen Arbeitskräftepotenzials und eine verbesserte und zeitgemäße Arbeitsqualität auf der politischen Agenda. Eine besondere Bedeutung kommt der Erweiterung des Talentepools zu. Hier sind insbesondere die Frauenförderung und die Ansprache vielfältiger Zielgruppen wie zum Beispiel Menschen mit Behinderung vielversprechende Ansätze. Gleichzeitig wird auch alterngerechtes Arbeiten, also das längere und gesündere Ausüben eines Berufes, immer wichtiger.
Fachkräftebindung: Was Betriebe tun können, um Beschäftigte zu halten
Unzufriedene Mitarbeiter*innen suchen sich eine neue Stelle. Um dies zu verhindern, setzen viele Unternehmen vor allem auf eine gute Unternehmenskultur und eine attraktive Entlohnung. Aber auch Engagement und Verbundenheit mit dem Unternehmen spielen eine entscheidende Rolle bei der Bindung des eigenen Personals. Weitere wichtige Faktoren, die Mitarbeitende im Betrieb halten, sind gutes Führungsverhalten, regelmäßige Weiterbildungen, eine attraktive Work-Life-Balance sowie offen kommunizierte Wertschätzung. Umgekehrt ist ein Arbeitsplatzwechsel wahrscheinlicher, wenn diese Bedingungen nicht erfüllt sind. Eine systematische Befragung der Mitarbeiter*innen kann hier als sinnvolle Grundlage dienen, um potenzielle Unzufriedenheiten vor einem Personalwechsel zu identifizieren und im nächsten Schritt gemeinsam an entsprechenden Lösungen zu arbeiten.
Wer auf die Mitarbeiter*innen eingeht, sie entsprechend wertschätzt und durch Befragungen frühzeitig Probleme erkennt, kann viel zur eigenen Fachkräftesicherung beitragen. Ein langfristiges Planen und eine auf die Mitarbeitenden ausgerichtete Personalentwicklung sorgt dafür, dass beide Seiten profitieren. Auch das Recruiting, also das gezielte Anwerben von geeignetem Personal, spielt eine wichtige Rolle und ist neben einem grundsätzlich attraktiven Arbeitsangebot ein wichtiger Baustein, um neue Fachkräfte für das eigene Unternehmen zu gewinnen.