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Mit mehr als 30 Jahren in Führungs- und Personalleitungsfunktionen der ZEISS Gruppe, zuletzt als globaler Personalleiter, bringt Franz Donner als INQA-Botschafter umfangreiches Praxiswissen und einen Fokus auf die Bedarfe in den Unternehmen mit. Aktuell ist er als Vorstandsvorsitzender der Berufsgenossenschaft ETEM tätig. Im Interview mit INQA gibt er Tipps, wie Unternehmen und Mitarbeitende sich vor dem Hintergrund von Digitalisierung, Strukturwandel und Konjunkturkrise krisenfest aufstellen können und wie seine persönliche Strategie dabei aussieht.

Welche konkreten Möglichkeiten haben Unternehmen, sich in unsicheren Zeiten resilienter aufzustellen?

Wir sind in einer tiefgreifenden Strukturkrise, die seit vielen Jahren gewachsen ist, viele verschiedene Faktoren umfasst und die jedes Unternehmen in unterschiedlicher Gewichtung der Faktoren trifft, es gibt also keine pauschalen Lösungen. Die aktuelle wirtschaftliche Lage in Deutschland ist äußerst herausfordernd, insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen (KMU). Laut dem Statistischen Bundesamt stieg die Zahl der Insolvenzanmeldungen im Oktober 2024 um 22,9 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.

Grundsätzlich gilt, dass sich jedes Unternehmen anpassen muss. Wenn ein Konkurrent die Bedürfnisse der Kunden besser oder zu einem günstigeren Preis erfüllen kann, setzt sich im Wettbewerb das Bessere durch. Das alleine ist Anreiz, nie stehenzubleiben und Prozesse, Produkte und Wertschöpfungsketten stetig zu verbessern. Innovation und Unternehmergeist sind gefragt, damit neue Geschäftsmodelle entstehen oder angepasst werden. Was bei vielen Herausforderungen aber hilft sind ein gutes Betriebsklima, eine vertrauensvolle Kommunikation, Offenheit für Neues und eine gute Fehlerkultur in Unternehmen. Auch die verstärkte Nutzung digitaler Technologien und Innovationen kann Resilienz fördern. Beispielsweise können Unternehmen durch die Implementierung von KI ihre Prozesse optimieren und neue Geschäftsfelder erschließen.

Franz Donner, INQA-Botschafter

Sie haben das Thema Künstliche Intelligenz gerade angesprochen. Welche Rolle spielen denn zum einen Innovation (z. B. KI) bei der Stärkung der Resilienz von Unternehmen und zum anderen Führungskultur?

Beides spielt eine große Rolle. Eine gute Führungskultur und ein gutes Betriebsklima binden Beschäftigte auch in schwierigen Zeiten an das Unternehmen. Bei einem guten Verhältnis zur Führungskraft lösen Veränderungen und Krisen weniger Unsicherheit aus und es wächst die Bereitschaft, an der Anpassung auf Veränderungen aktiv mitzuwirken. Innovationen wie generative KI helfen z. B. dabei, den Informationsdschungel zu durchforsten und aufzubereiten. Damit können Veränderungen schneller identifiziert und passende Maßnahmen gefunden werden. Ein Beispiel ist der umfangreiche Weiterbildungsmarkt. Dieser kann von KI durchsucht und auf für das jeweilige Unternehmen passende Vorschläge überprüft werden.

Können Sie konkrete Beispiele für Szenarien nennen, die ein Ihnen bekanntes Unternehmen für Krisenzeiten entwickelt hat, und wie diese in die strategische Planung einfließen?

Lassen Sie mich an dieser Stelle auf die besonderen Herausforderungen für kleine und mittlere Unternehmen eingehen, für die die notwendigen Veränderungen aufgrund geringer Ressourcen im Strategie- und Personalbereich besonders herausfordernd sind. Ich freue mich, dass INQA und wir als Botschafter*innen hier eine positive Rolle spielen und Unterstützung anbieten können. So darf trotz der aktuellen Krisenlage nicht der demographische Wandel und damit einhergehende Fachkräfteengpässe unbeachtet bleiben. Die Förderung der Erwerbstätigkeit Älterer sowie in der Gesundheit beeinträchtigter Menschen waren für mich bereits im Rat der Arbeitswelt wichtige Themen, die zum Beispiel auch in den INQA-Experimentierräumen im Fokus stehen. Der zweite Förderaufruf für die INQA-Experimentierräume „Mit mehr Vielfalt zu einer erfolgreichen Fachkräftesicherung in KMU“ unterstützt explizit Projekte im Bereich Diversity.

Im Bereich der Arbeitsgestaltung und Personalpolitik können Strategien für konkrete Szenarien helfen. Viele Unternehmen entwickeln zur Effizienzsteigerung daher KI-Strategien. KI wird den Fachkräftebedarf nicht decken, sie kann aber Routineaufgaben erfüllen und die Arbeit der Beschäftigten erleichtern, so dass Arbeitsplätze, die nicht besetzt werden können, weniger ins Gewicht fallen.

Wie können Betriebsräte bei der Transformation eingebunden werden?

Es gibt keinen Strukturwandel ohne Brüche und Umformungen. Es ist auch fatal, das hinter „Transformation“ zu verstecken und die Erwartung zu wecken, ein Umbruch sei ohne Mühen und, ja, auch Schmerzen zu bewältigen. Und für manche kann es auch schiefgehen, wenn sich am Markt schließlich eine andere Lösung durchsetzt.

Jede Unternehmerin und jeder Unternehmer ist gut beraten, bei diesen Veränderungsprozessen die Belegschaften frühzeitig einzubeziehen. So kann Bedenken entgegengewirkt werden. Ideen und Anregungen für Veränderungsprozesse können frühzeitig eingeholt und berücksichtigt werden.

Eine institutionalisierte Einbindung des Betriebsrats kann zu einer Steigerung der Akzeptanz von Veränderungen bei der Belegschaft führen. Kommunikation ist der Schlüssel. Die Betriebsräte kennen die Abläufe und die Belegschaft; sie sind ganz wesentlich für die Sinnstiftung und die praktische Umsetzung der Veränderungen. Wichtig ist aber auch, dass Abstimmungen zügig erfolgen können und Veränderungen nicht unnötig ausbremsen.

Das entbindet die Unternehmer*innen nicht davon, das unternehmerische Risiko zu tragen und deshalb auch die Verantwortung wahrzunehmen.

Welche konkreten Fähigkeiten sollten Mitarbeiter*innen in Zeiten von Unsicherheit wie Krieg oder Inflation priorisieren und wie können sie diese am besten entwickeln?

In Zeiten von Unsicherheiten ist Resilienz wichtig. Bei den konkreten Fähigkeiten geht es vor allem darum, offen für Neues und bereit zu sein, neue Fähigkeiten zu erwerben. Die Möglichkeiten, neue Fähigkeiten zu erwerben sind vielfältig, neben Weiterbildung und Mentoring spielt auch das Learning on the Job eine große Rolle. Mit technischen Entwicklungen wie KI wird es immer leichter, Lernprozesse individuell angepasst und kurzweilig zu gestalten.

Auch wenn eine solide Allgemeinbildung weiterhin wichtig ist, müssen Beschäftigte heute auf eine Zukunft vorbereitet werden, die ein neues Verständnis von Bildung erfordert. In dieser Zukunft werden Anpassungsfähigkeit und Flexibilität immer wichtiger. Der Begriff „ausgelernt“ gehört bereits der Vergangenheit an. Angesichts der rasanten Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt und der damit verbundenen neuen Anforderungen an die Beschäftigten wird es entscheidend sein, dass sie ihre Fähigkeiten kontinuierlich aktualisieren.

In Zeiten tiefgreifender Transformationsprozesse in der Wirtschaft wird lebenslanges Lernen daher zu einem unverzichtbaren Bestandteil des beruflichen Werdegangs. Die Fähigkeit, sich ständig weiterzubilden und neue Kompetenzen zu erwerben, ermöglicht es den Beschäftigten, den sich wandelnden Anforderungen gerecht zu werden und ihre berufliche Zukunft aktiv zu gestalten. Lebenslanges Lernen fördert nicht nur die individuelle Karriereentwicklung, sondern trägt auch zur Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen bei.

Welche Strategien haben Sie persönlich, um gut durch unsichere Zeiten zu kommen?

Eine positive Lebenseinstellung, die Konzentration auf das Wesentliche und eine Prise Humor haben mir immer geholfen schwierige Einflüsse im Leben zu bewältigen. Meine besondere Leidenschaft gilt dem Jazz. Im Jazz wird improvisiert, aufeinander gehört, und miteinander innoviert. Schon seit langem organisiere ich deshalb ehrenamtlich das Aalener Jazzfest mit, bei dem Miles Davis eines seiner letzten Konzerte gespielt hat. Seine Lebensgeschichte ist ein herausragendes Beispiel dafür, wie man in schweren persönlichen Krisen und scheinbar ausweglosen Situationen sich neu erfinden kann und stilprägende Impulse für nächste Generationen geben kann.

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