Wie können Handwerksbetriebe besser mit Personalausfällen umgehen und auf den Fachkräfteengpass reagieren? Im INQA-Experimentierraum-Projekt DigiResHand werden neben der Einführung technischer Innovationen wie KI-basierten Softwarelösungen und elektrischen Unterstützungssystemen für die Baustelle, die Erfahrungen der Mitarbeitenden gezielt gesammelt. Sie bilden die Grundlage für die kontinuierliche Weiterentwicklung aller Prozesse. Das ist eine Möglichkeit, wie Unternehmen ihre Widerstandsfähigkeit, also ihre Resilienz, steigern können. Der Fachbegriff organisationale Resilienz bezeichnet die Fähigkeit einer Organisation, sich an eine sich ändernde Umgebung anzupassen, um so ihre Ziele zu erreichen und zu wachsen. Resilientere Unternehmen können Bedrohungen und Chancen, die sich aus plötzlichen oder allmählichen Veränderungen ergeben, vorhersehen, darauf reagieren und die Auswirkungen abfedern.
Eine eigene Norm für Resilienz
Dafür wurde im Jahr 2017 die ISO Norm 22316:2017 entwickelt, die Unternehmen dabei unterstützen soll, widerstandsfähiger zu werden. Die Norm betrachtet organisationale Resilienz anhand von neun Aspekten. Dazu gehören unter anderem eine gemeinsame Vision für das Unternehmen, eine effektive und motivierende Führung, verfügbare Ressourcen und die Fähigkeit, Veränderungen zu erkennen und angemessen damit umzugehen. Besonders wichtig dabei: die Prozesshaftigkeit verstehen. Organisationale Resilienz ist keine einmalige Maßnahme, mit der Unternehmen auf alles vorbereitet sind. Ein resilientes Unternehmen blickt in die Zukunft und passt sich laufend an eine Umgebung an, die sich im ständigen Wandel befindet.
Wie kann organisationale Resilienz aussehen?
In der Forschungsliteratur geht man von fünf verschiedenen Phasen aus, in denen resilienzsteigernde Maßnahmen ansetzen.
Anticipation (Veränderungen frühzeitig erkennen): Wer Störungen und Veränderungen vorhersieht, kann rechtzeitg reagieren. Ein Beispiel dafür ist die plötzliche Umstellung auf mobiles Arbeiten während der Corona-Pandemie.
Buffering (Abfangen): Wenn eine Störung eintritt, sollte sie abgefangen werden, bevor sie sich ausbreiten kann. Dabei helfen Resilienzprozesse, die bereits vor der Störung in Kraft getreten sind. Wer beispielsweise sein Geschäftsfeld diversifiziert und verschiedene Branchen bedienen kann, ist weniger gefährdet, durch eine Krise aus der Bahn geworfen zu werden.
Coping + Adaption (Bewältigung + Anpassung): Beschreiben die Art und Weise, wie Unternehmen mit Störungen umgehen, die sie nicht abfangen konnten. Vor allem Führungskräfte müssen schnell reagieren können und anpassungsfähig sein, um die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen. Wenn beispielsweise Lieferanten ausfallen, müssen zeitnah neue Wege gefunden werden, um die benötigten Materialien zu beschaffen.
Recovery (Wiederaufbau): Wenn ein Unternehmen oder eine Organisation ins Wanken geraten ist, stellen Recovery-Prozesse sicher, dass die Arbeit wiederaufgenommen wird. Diese können je nach Art der Störung unterschiedlich sein.
Learning (Lernen): Beim nächsten Mal ist man immer schlauer. Damit Organisationen oder Unternehmen in Zukunft resilienter sind, gilt es aus vergangenen Störungen zu lernen und sich mit den gewonnenen Erkenntnissen gut auf die Zukunft vorzubereiten.
Tipps für Unternehmen: So wird Ihr Unternehmen resilienter
Das war die Theorie. Sie wollen wissen, wie Sie Ihr Unternehmen widerstandsfähiger machen können? Die folgenden Ansätze helfen Ihnen dabei.
Damit organisationale Resilienz ihre volle Wirkung entfalten kann, reicht es nicht aus, sie in der Unternehmenskultur zu verankern oder in Top-Down-Prozesse zu integrieren. Nur wenn alle Mitarbeiter*innen und Abteilungen aufeinander abgestimmt sind und zusammenarbeiten, kann ein Unternehmen auch wirklich resilient werden.
Was sind Ihre langfristigen Ziele? Wie können Sie diese trotz möglicher Krisen erreichen? Diese Fragen sollten in Ihre Geschäfts-, Personal- und Strukturplanung einfließen, um für die Zukunft gerüstet zu sein. Mögliche Krisen können z. B. Umsatzeinbrüche, eine schlechte Weltwirtschaftslage oder Personalengpässe sein.
Eine Organisation ist nur so resilient wie ihre Beschäftigten. Ist Ihre Belegschaft bereit, sich auf neue Arbeitsweisen wie Homeoffice oder digitalisierte Arbeitsprozesse auf der Baustelle einzustellen? Wo gibt es Ängste oder Sorgen? Gehen Sie frühzeitig mit Ihren Mitarbeiter*innen ins Gespräch und sorgen Sie für einen kontinuierlichen Austausch. Nehmen Sie Wünsche ernst und versuchen Sie, Ängste aufzufangen, weisen Sie aber auch auf die Gefahr von Störungen und die Bedeutung der organisationalen Resilienz hin. So stellen Sie sicher, dass alle an einem Strang ziehen.
Zeigen Sie Ihren Mitarbeiter*innen, dass Sie auch in der Krise für sie da sind. Ein klarer Fahrplan, wie Sie die Krise bewältigen wollen, schafft Vertrauen und macht deutlich, wie wichtig organisationale Resilienz ist.
Investieren Sie frühzeitig in Qualifizierung und Weiterbildung. Ihre Mitarbeiter*innen bleiben so immer auf dem neuesten Stand. Regelmäßige Weiterbildungen tragen auch dazu bei, dass sich die Mitarbeiter*innen wertgeschätzt fühlen. Binden Sie so Fachkräfte an Ihr Unternehmen und nutzen Sie die vielfältigen Potenziale einer diversen Belegschaft.
Zehn INQA-Experimentierraum-Projekte zeigen, wie Resilienz aussehen kann
Die zehn aktuellen INQA-Experimentierräume arbeiten an Lösungsansätzen, um Unternehmen aller Branchen resilienter zu machen. Wie können systemrelevante Berufe Krisen besser überstehen? Mit den Lehren aus der Corona-Pandemie arbeitet beispielsweise das INQA-Experimentierraum-Projekt „NewWork4KeyWorker“ daran, diese wichtigen Berufe widerstandsfähiger zu gestalten. Der Experimentierraum „Skilling@Banken“ dagegen macht Finanzdienstleister mit Re- und Upskilling fit für die digitale Zukunft, während das Projekt „Mental Health in Clubs“, erprobt, mit welchen Maßnahmen Beschäftige in Clubs gestärkt und resilienter werden können.
Dabei enstehen vielfältige Lösungen wie Leitfäden, Checklisten und Schulungsinhalte, damit auch andere Betriebe von dem neu gewonnenen Wissen profitieren.